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MAG-Schweißen

Optimiertes MAG-Schweißen

Durch ein verbessertes Schweißverfahren beim Metallaktivgasschweißen (MAG) und einen optimierten Beizprozess lassen sich künftig Silikatablagerungen auf den Schweißnähten deutlich reduzieren.

Als jahrzehntelanger, vertrauensvoller Partner der Automobilindustrie ist thyssenkrupp Steel stetig bestrebt, den Werkstoff Stahl weiterzuentwickeln und für die Branche attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten. Das gilt insbesondere auch dann, wenn es um die Weiterverarbeitung des Werkstoffs geht, etwa das Fügen unbeschichteter Warmbänder für Bauteile und Baugruppen aus Stahl.

Hier setzen die Zulieferfirmen der Automobilindustrie, unter anderem KIRCHHOFF Automotive, überwiegend das Metallschutzgasschweißen ein. Unter Standardbedingungen kommt es dabei häufig zu Ablagerungen auf und neben den Schweißnähten, die die Haltbarkeit der Bauteile reduzieren können.

Weniger Ablagerungen, mehr Korrosionsschutz

Um den Korrosionsschutz zu gewährleisten, werden die Bauteile nach dem Schweißen gereinigt und anschließend mit einer KTL-Dickschichtlackierung versehen. Nicht immer lassen sich die spröden Ablagerungen auf den Schweißnähten jedoch vollständig entfernen. Das kann dazu führen, dass die Ablagerungen später durch die thermische und mechanische Belastung der Bauteile mitsamt der Kathodischen Tauchlackierung (KTL) abplatzen. Was das Bauteil an diesen Stellen wiederum anfällig macht für Korrosionsschäden.

Entwicklungsprojekt mit KIRCHHOFF Automotive

In einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt von KIRCHHOFF Automotive und thyssenkrupp Steel ist es nun gelungen, die Ablagerungen auf und neben den Schweißnähten durch die Prozessoptimierung des Metall-Aktivgas-Schweißens (kurz: MAG-Schweißen) zu reduzieren.

Dadurch wird die Korrosionsbeständigkeit der Fahrwerksteile verbessert und den Anforderungen der Automobilindustrie nachgekommen.

Was es mit dem MAG-Schweißverfahren, der Schweißnaht-Problematik und der gemeinsam entwickelten Lösung auf sich hat, erklären die Projektbeteiligten im Interview.

Auf Seiten von KIRCHHOFF Automotive sind das Dr. Jan Stuhrmann, R&D Manager und Christian Dahmen, Technology Development Specialist. Für thyssenkrupp Steel haben Melanie Dinter vom zuständigen Sales Customer Service und Marco Queller aus Technologie & Innovation das Projekt begleitet.

Projektteam MAG-Schweißen
Die Projektverantwortlichen auf Seiten von KIRCHHOFF Automotive waren Dr. Jan Stuhrmann, R&D Manager und Christian Dahmen, Technology Development Specialist. Für thyssenkrupp Steel haben Melanie Dinter vom zuständigen Sales Customer Service und Marco Queller aus Technologie & Innovation das Projekt begleitet. © Rainer Kaysers

Für welche Strukturbauteile in der Karosserie ist das silikatreduzierte MAG-Schweißen geeignet?

Dr. Jan Stuhrmann: Das Verfahren kann prinzipiell für das Fügen vieler unterschiedlicher Bauteile und Baugruppen aus Stahl angewendet werden, bei denen erhöhte Anforderungen an die Korrosionsfestigkeit gelten. Hierbei ist insbesondere der Bereich des Fahrwerks zu nennen, wo aufgrund der geforderten Betriebslasten zur Erhöhung der Schweißnahtqualität oft unverzinkte Stahlgüten verwendet werden. Aber auch andere Strukturbauteile aus Stahl, wie z.B. Crash-Management-Systeme, Frontends oder auch Batteriekästen, sind geeignet.

Mit welchen Verfahren werden Strukturbauteile aus Stahl in der Regel gefügt?

Dr. Jan Stuhrmann: Neben dem MAG-Schweißen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Fügeverfahren, die in Abhängigkeit von den gestellten Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit, die Verbindungseigenschaften sowie die Fertigungsbedingungen, eingesetzt werden. Hier sind exemplarisch Widerstandsschweiß-, Laserschweiß- und mechanische Fügeverfahren sowie das Kleben zu nennen.

Warum wird das Metallschutzgasschweißen im Stahl-Karosseriebau hauptsächlich eingesetzt?

Marco Queller: Die Gründe für die große Beliebtheit des MAG-Schweißens in allen Industriekreisen – vom Handwerksbetrieb bis zum Großunternehmen – liegt in den verschiedenen Mechanisierungsgraden des Verfahrens. Die Fügetechnologie wird von Haus aus teilmechanisiert bereitgestellt und kann ohne größeren Aufwand vollautomatisch betrieben werden. Weitere große Vorteile sind die weltweite Verfügbarkeit sowie ein hoher Ausbildungsstandard gegenüber anderen Verfahren.

Standardschutzgas für Stahlanwendungen
Standardschutzgas für Stahlanwendungen © Rainer Kaysers

Was spricht von der technischen Seite für das Schweißverfahren?

Marco Queller: Bei der Fertigung der Bauteile können neben der einseitigen Bauteilzugänglichkeit relativ große Spaltmaße problemlos überbrückt und gefügt werden und setzen somit deutlich kostengünstigere Toleranzen als zum Beispiel das Laserschweißen voraus. Aufgrund der linienförmigen Schweißnähte besitzen die gefügten Bauteilgruppen eine extrem hohe Steifigkeit und Verbindungsfestigkeit.

Gibt es auch Nachteile beim MAG-Schweißen?

Marco Queller: Durchaus, etwa bei der Fertigung von Stahltragwerken. Bei der Fertigung entstehen auf den Schweißnähten extrem harte, spröde Silikatablagerungen, die die Haltbarkeit der Baugruppen negativ beeinflussen können.

Das Verfahren kann prinzipiell für das Fügen vieler unterschiedlicher Bauteile und Baugruppen aus Stahl angewendet werden, bei denen erhöhte Anforderungen an die Korrosionsfestigkeit gelten.

Dr. Jan Stuhrmann, R&D Manager KIRCHHOFF Automotive

Sind Silikatablagerungen auf und neben den Schweißnähten dabei ein gängiges Problem?

Dr. Jan Stuhrmann: Beim konventionellen MAG-Schweißprozess entstehen verfahrensbedingt immer Silikatablagerungen – sowohl auf als auch an der Schmelzlinie neben der Schweißnaht. Da die Ablagerungen eine glasartige Struktur besitzen und nicht elektrisch leitend sind, werden diese während der kathodischen Tauchlackierung (KTL) oft nur unzureichend beschichtet. Insbesondere während des späteren Fahrzeugbetriebs können diese aus der Schweißnaht herausfallen und nun ungeschützte Schweißnahtbereiche hinterlassen.

Was bedeutet das für die Schweißnähte?

Christian Dahmen: Unlackierte Bereiche, die von herausgefallenen Silikaten hinterlassen werden, stellen potenzielle Ausgangsstellen für einen späteren Korrosionsangriff dar. Aber auch der Bereich neben der Schweißnaht, die so genannte Wärmeeinflusszone (WEZ), weist aufgrund der durch den Schweißprozess entstandenen Oxidschichten, die während der konventionellen Vorbehandlung im KTL-Prozess nicht ausreichend entfernt werden, oft eine unzureichende Lackhaftung auf und kann zusätzlich den Korrosionswiderstand des Bauteils reduzieren.

Welche Probleme können auftreten?

Christian Dahmen: Aufgrund der Korrosionsvorgänge können die geforderten Verbindungseigenschaften und hierdurch die Funktion des Bauteils während des Betriebs oft nicht mehr gewährleistet werden.

Optimiertes Schutzgas mit weniger Silikaten
Optimiertes Schutzgas mit deutlich weniger Silikaten © Rainer Kaysers

Wie wird das Problem aktuell gelöst?

Christian Dahmen: Zur Entfernung der Silikatablagerungen auf der Schweißnaht als auch der Oxidschichten im Bereich der Wärmeeinflusszone (WEZ) existieren eine Vielzahl von unterschiedlichen Verfahren. Zu nennen sind hier die mechanischen Verfahren, wie z.B. das Strahlen mit unterschiedlichem Strahlgut, die optischen Verfahren, wie die Laserablation, sowie die chemischen Verfahren, wie das Beizen.

Das klingt aufwendig…

Christian Dahmen: Allen Verfahren gemein ist dabei der mit hohen Kosten verbundene zusätzliche Prozessschritt. Dabei können die Beizverfahren als zusätzliche Vorbehandlung mit in eine KTL-Anlage integriert werden. Um die in der Schweißnaht mechanisch stark verklammerten Silikatablagerungen vollständig entfernen zu können, müssen neben der Verwendung von speziellen Beizen allerdings auch sehr lange Prozesszeiten eingestellt werden.

Unsere gemeinsame Arbeit war, die Silikate, die beim Schweißen entstehen, in Zusammenarbeit zu minimieren.

Melanie Dinter, Sales Customer Service bei thyssenkrupp Steel

Welche Aufgabe galt es nun gemeinsam zu bewältigen?

Melanie Dinter: Unsere gemeinsame Arbeit war, die Silikate, die beim Schweißen entstehen, in Zusammenarbeit zu minimieren. Die Ergebnisse wurden u. a durch Versuche ermittelt, was ein langwieriges Herantasten von einzelnen Prozessparametern bedeutet, die fein abgestimmt werden mussten. Wie der berühmte Physiker Albert Einstein mal sagte: „Das Problem zu erkennen ist wichtiger als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.“

Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Dr. Jan Stuhrmann: Der konventionelle MAG-Schweißprozess wurde soweit optimiert, dass die Silikatablagerungen auf der Schweißnaht auf ein Minimum reduziert werden konnten. Hierdurch sind während der Vorbehandlung bei der KTL-Beschichtung weniger aggressive Beizen mit deutlich geringeren Beizzeiten ausreichend, da in erster Linie nur noch die Oxidschichten auf und neben der Schweißnaht im Bereich der WEZ entfernt werden müssen.

Welche Vorteile bringt die Lösung für tkse und für den Kunden sowie Endverbraucher?

Marco Queller: Generell wurde durch die Erkenntnisse aus dem Projekt die Qualität der Schweißverbindung verbessert, was zur erhöhten Korrosionsbeständigkeit des Bauteils an den hochbelasteten Schweißnähten beitrug. thyssenkrupp Steel ermöglicht dies eine Analyse der Verarbeitungseigenschaften von Warmbändern mit aktuellen und zukünftigen Kundenanforderungen und kann diese in zukünftige Werkstoffentwicklungen mit einbringen.

Dr. Jan Stuhrmann: Durch die Reduzierung der Silikatablagerungen auf den Schweißnähten kann nach anschließender KTL-Beschichtung der Korrosionswiderstand von Strukturbauteilen aus Stahl erhöht werden. Im Vergleich zu konventionellen Verfahren zur Silikatentfernung wird dabei kein zusätzlicher Prozessschritt benötigt.

Durch die Erkenntnisse aus dem Projekt wurde die Qualität der Schweißverbindung verbessert, was zur erhöhten Korrosionsbeständigkeit des Bauteils an den hochbelasteten Schweißnähten beitrug.

Marco Queller, Technologie & Innovation bei thyssenkrupp Steel
Melanie Dinter und Dr. Jan Stuhrmann
Melanie Dinter und Dr. Jan Stuhrmann, R&D Manager freuen sich über das verbesserte Schweißverfahren beim Metallaktivgasschweißen. © Rainer Kaysers

Auf welche OEMs kann das Verfahren künftig ausgeweitet werden?

Dr. Jan Stuhrmann: Das Verfahren eignet sich zur Anwendung bei allen OEMs, die erhöhte Anforderungen an die Korrosionseigenschaften von MAG-geschweißten Stahlbauteilen stellen.

Wie lange haben sie daran zusammen geforscht und entwickelt?

Melanie Dinter: In zwei Jahren Projektlaufzeit wurden verschiedene Einflüsse des Metallaktivgasschweißens auf die Silikatbildung systematisch untersucht. Die Erkenntnisse aus den Versuchen wurden bei gemeinsamen Versuchsreihen bei KIRCHHOFF Automotive und tkSE mit unterschiedlichen Schweißanlagen betrachtet und gemeinsam ausgewertet. Die Gerätschaften beider Unternehmen wurden gemeinsam genutzt und ermöglichten somit den maximalen Erfolg des Projektes.

Wie war die Zusammenarbeit während der Projektzeit geprägt?

Melanie Dinter: Wir haben seit Jahren ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Unternehmen. Es ist ein Arbeiten auf Augenhöhe. Unsere Zusammenarbeit war das Zusammenspiel von guter Kommunikation, kurzen Kommunikationswegen und das gemeinsame Ziehen an einem Strang.

Dr. Jan Stuhrmann: Wir hatten bei dem Kundenprojekt jederzeit einen offenen Austausch bezogen auf Informationen und gemeinsam durchgeführte Versuche, die bei tkSE oder auch bei KIRCHHOFF Automotive stattgefunden haben.

Was waren die Voraussetzungen um erfolgreich zu sein?

Melanie Dinter: Wertschätzung, Kooperation und das Arbeiten auf Augenhöhe sind im Customer Service und in unseren Unternehmen keine Worthülsen im Leitbild eines Unternehmens, sondern gelebte Realität. Kommunikation, Beziehungen, Strukturen und Prozesse sind im Kontext des Unternehmens zu verstehen. Die Kultur im Team ist immer Teil der Kultur in der Gesamtorganisation.

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